Schaden

Produkthaftpflichtversicherung: Die Erprobungsklausel als scharfes Schwert des Versicherers

Die sogenannte Erprobungsklausel ist Bestandteil jeder Produkthaftpflichtversicherung und lässt sich wie folgt oder in ähnlicher Formulierung in den Bedingungen finden: „Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind Ansprüche aus Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach dem Stand der Technik oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt waren.“

Hierbei handelt es sich um einen sogenannten objektiven Deckungsausschluss. Wir beobachten in unserer täglichen Praxis, dass Versicherer diesen Ausschluss in letzter Zeit häufiger zum Thema machen, um darüber in den Verhandlungen den Entschädigungsbetrag zu kürzen, in dem sie sich nur mit einer Quote an den entstandenen Kosten beteiligen. Schlimmstenfalls droht der Verlust des Deckungsschutzes, was aber meist langwierige Deckungsprozesse zur Folge hätte, was Versicherer nach Möglichkeit vermeiden wollen, so dass sie nur in Ausnahmefällen auf diese Eskalationsstufe zurückgreifen.

Wichtig ist jedoch zu erwähnen, dass die Klausel keine Anwendung bei Personenschäden findet.

Relevant wird die Erprobungsklausel erst im Schadenfall. Gerade zu Beginn der Schadenbearbeitung steht die Erprobungsklausel häufig im Fokus der Versicherer. Dies hat den Grund, dass der BGH bereits seit einigen Jahrzehnten entschieden hat, dass eine Bezugnahme auf die Erprobungsklausel nur dann erfolgen kann, wenn der Versicherer sich bereits zu Beginn der Schadenbearbeitung die Berufung auf die Klausel vorbehalten hat.

Wie weit die Klausel im Einzelfall ausgelegt wird, ist abhängig von dem jeweiligen Versicherer. Entscheidend hierfür ist die Beurteilung durch den involvierten Sachverständigen. Gefordert wird eine ausreichende Erprobung des gelieferten Teils im verbauten Zustand, sprich es muss eine ausreichende Erprobung des Endprodukts erfolgen. In Konsequenz bedeutet dies, dass sich die Anforderungen an eine ausreichende Erprobung nicht nur auf das Produkt und auf den Einflussbereich des Versicherungsnehmers, sondern auch auf seine Abnehmer und sonstige Dritten bezieht. So kann beispielsweise eine unzureichende Erprobung eines Endherstellers zu einem Verlust der Deckung beim Zulieferer führen. Konkret muss dies im Einzelfall geprüft werden; gerade bei langen Lieferketten erscheint es unverhältnismäßig, dies auf die komplette Abnehmerkette anzuwenden und damit auch auf Unternehmen zu erweitern, zu der keine vertraglichen Geschäftsbeziehungen bestehen. Die Versicherer sind gut beraten, die Anwendung der Erprobungsklausel auf Einzelfälle bei groben Verstößen zu beschränken. Es gibt zur Erprobungsklausel kaum Rechtsprechung, was dafürspricht, dass die Versicherer das Thema mit dem gebotenen Fingerspitzengefühl behandeln.

Im schlimmsten Fall führt die Verletzung der Erprobungsklausel dazu, dass Ihr Unternehmen für den Schadenfall haftet, aber keine Deckung über Ihren Produkthaftpflichtvertrag besteht. Allerdings liegt die Beweispflicht hinsichtlich der Verletzung der Erprobungsklausel bei dem Versicherer.

Um mit dem Versicherer auf Augenhöhe zu verhandeln, braucht es einen erfahrenen Versicherungsmakler, der in der Lage ist, auch in schwierigen Situationen mit dem Versicherer einen praktikablen Lösungsansatz zu finden. Dies beginnt schon bei der Platzierung des Vertrags und der Prüfung, ob eine Modifizierung der Klausel bei Vertragseinrichtung erreicht werden kann. Im Schadenfall sind gerade die Gespräche mit dem Sachverständigen entscheidend, ob hier das Thema Erprobungsklausel zur Anwendung kommt. Diese gilt es gut vorzubereiten und die richtige Strategie zu wählen. Hier wird den Kunden einiges an Geduld abverlangt. Entscheidend ist am Ende auch, ob mit einer guten und umfassenden Dokumentation der Vorwurf einer unzureichenden Erprobung entkräftet werden kann.

Katja Eßmann
Industrie-Team

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